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8. Der Beginn der Lebensmittelprüfungen: Der Dauerwarenwettbewerb (ab 1891)

Anfänge der Prüfungen von Molkerei-, Fleisch- und Backwarenerzeugnissen sowie Bier

Zur 5. DLG-Ausstellung 1891 in Bremen wurde erstmals ein Wettbewerb für „Dauerwaren für Ausfuhr und Schiffsbedarf“ ausgeschrieben. Damit begannen in der DLG die Prüfungen von verschiedenen Nahrungsmittelerzeugnissen und zwar in acht Erzeugnisgruppen: Molkereiwaren (Milch, Milchpulver, Butter und Käse), Fischwaren, Fleischwaren (frisches und eingemachtes Fleisch in Konserven, Suppen, Schinken und ab 1894 auch Würste), Obst, Gemüse und Kartoffeln, Mehl- und Backwaren (Schiffscakes, Zwieback, Roggenbrote, Honigkuchen, Pumpernickel-Cakes), Stärkemehl, Zucker und Hefe, Trauben-, Obst- und Beerenweine sowie Bier. Zugelassen waren nur Produkte deutschen Ursprungs. Aufgrund ihrer extremen Anforderungen galt der Dauerwarenwettbewerb von Beginn an als das Härteste, was es für Hersteller zu bestehen galt.

Prüfungsart, Methodik und Ausschreibung

Der Wettbewerb bestand zum einen aus einer viermonatigen Schiffsreise der Produkte über den Äquator nach Australien bzw. nach dem La Plata in Südamerika und zurück. Zusätzlich wurden Zweitproben über die gleiche Zeitspanne am Ort der DLG-Ausstellung, 1891 also in Bremen, zwecks Kontrolle und Vergleich gelagert. Im Anschluss wurden sie durch Sachverständige in einer Prüfung nach einem neu entwickelten Punkteystem bewertet und mit den gelagerten verglichen. Bestimmte Erzeugnissen wurden zudem einer Laboruntersuchung unterzogen. Beim Lesen der Abschlussberichte der ersten Wettbewerbe beeindruckt es, wie ausgefeilt die Wettbewerbsschritte und wie umfangreich die chemischen Analysen von Beginn an waren. Sie verdeutlichen zugleich, dass in dem vorbereitenden Fachausschuss die besten Fachleute ihrer Zeit an der Entwicklung der grundsätzlichen Methoden, der Wettbewerbsausschreibung und der Prüfkriterien mitwirkten.

Die lange Schiffsreise in die Tropen und die Ausfuhr dorthin stellten außerordentliche Anforderungen an Herstellung, Hygiene und Konservierung der Erzeugnisse. Damals war die Haltbarmachung der leicht verderblichen Waren ein enormes Problem, die den Versand ins Ausland einschränkte. Durch diese Wettbewerbsbedingungen mussten die Waren sowohl ihre Qualität wie auch ihre Haltbarkeit beweisen und diejenigen, welche die harten Prüfungsteile bestanden, wurden mit Großen, Silbernen oder Bronzenen Preismünzen prämiert und galten als Qualitätselite.

Die Prüfung nach der Schiffsreise bestand in einer Gebrauchsprüfung nach Geschmack, Geruch, Reinheit, Aussehen, äußere Herrichtung und der seemännischen Verpackung. Ergänzt wurden sie durch chemische Analysen über die Zusammensetzung der Produkte (so bei Molkereiwaren, Suppen, Gemüse, Backwaren, Trauben- und Obstweine sowie Bier). Ab 1913 beurteilten die Sachverständigen die Erzeugnisse bereits in einem Punkteverfahren. Die Untersuchungen und Bewertungen wurden von Beginn an in einem ausführlichen Prüfbericht vom Leiter der Sachverständigen im Jahrbuch der DLG veröffentlicht und die prämierten Produkte auf der DLG-Ausstellung den Fachleuten und dem interessierten Publikum vorgestellt. Bereits beim Start des Wettbewerbs 1891 wurden mehrere hundert Erzeugnisse von knapp 100 Firmen geprüft, im Jahre 1925 in Stuttgart waren es 669 verschiedene Produkte.

Warum gerade Dauerwarenprüfung für den Export?

Anlass und Ziel dieser Lebensmittelprüfungen waren klar: Die Einfuhr von landwirtschaftlichen Rohstoffen war in jenen Jahren „erdrückend“, so hieß es damals in den DLG-Mitteilungen. Ebenso wie die gesamte Landwirtschaft wurden auch die Hersteller von Nahrungsmitteln durch die Wucht der ausländischen Konkurrenz als Folge des massiven internationalen Warenverkehrs erschüttert. Dem sollte mit der Herstellung veredelter Erzeugnisse von guter Qualität sowie der Stützung der Ausfuhr begegnet werden. Motivierung der Erzeuger zur Herstellung von Qualitätserzeugnissen und Förderung des Absatzes standen somit im Fokus, als weiteres Ziel die Vorstellung und Bekanntmachung der prämierten Produkte für Händler und Aufkäufer auf den DLG-Ausstellungen. Die Prämierungserfolge haben sich auf die Imagebildung deutscher Erzeugnisse im Inland und erfreulicherweise – wie angestrebt – auch im Exportmarkt schnell bemerkbar gemacht. So berichteten Reisende bereits 1894 von den Vorzügen deutschen Schinkens und seiner zunehmenden Verbreitung in Nordamerika.

Der Dauerwaren-Wettbewerb wurde in den Anfangsjahren meist zweijährig und ab 1901 jährlich ausgeschrieben. In den Anfangsjahren zeigte sich, dass auch die Ausstellungs-Standorte auf die Aussteller positiv oder weniger anziehend wirkten, d.h. Ausstellungs-Standorte in Regionen mit vielen Herstellern und höherem Qualitätsniveau erwiesen sich als attraktiver. Zudem machten sich in den ersten Jahren wissenschaftlich noch offene Fragen wie der Zusatz von Konservierungsmitteln und ihre Bewertung in Zurückhaltung bei den Probenanmeldungen bemerkbar. Bis zur Auflösung der DLG im Jahre 1934 wurden insgesamt 31 Dauerwaren-Wettbewerbe und -Prüfungen durchgeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden diese Wettbewerbe eine Fortsetzung in der Tropen- und Exportprüfung.

Pioniere und führende Hersteller beteiligten sich

Ein Blick in die Preisträgerlisten der Wettbewerbe ab 1891 zeigt, dass sich schon damals Pionierbetriebe sowie Qualitäts- und Marktführer hieran beteiligten und ihre Chancen für den Absatz suchten und nutzten. So beeindruckte bei der 1. Prüfung 1891 unter anderem der Meierei-Verband Oldenburg mit seinen Buttererzeugnissen. Einen besonderen Akzent mit seinen Fertigsuppen setzte die Firma Julius Maggi & Co. Der Schweizer Pionier, der 1886 seine ersten kochfertigen Suppen herstellte und ab 1887 auch in Deutschland mit dem Vertrieb in Berlin sowie der Herstellung und Abfüllung in Singen/Hohentwiel vertreten war, gehörte zu den Preisträgern. Im veröffentlichten Bericht des Prüfungsleiters wurden Neuartigkeit und Qualität seiner Kraftbrühe, Gewürzbouillon und Gemüsesuppentafeln besonders hervorgehoben. Der Siegeszug dieser Erzeugnisse dürfte durch die DLG-Prämierung weiter befördert worden sein.

Die umfangreichste Beteiligung verzeichnete die Gruppe Bier, und auch von den Namen der Brauereien her sorgte sie für eine hohe Beachtung. Zu den Preisträgern gehörten die Bremer Brauerei Haake & Co. (die heutige Marke Haake-Beck aus dem Hause Beck & Co.) mit ihrem Export-Bier und die Flensburger Export-Brauerei (die heutige Flensburger Brauerei Emil Petersen GmbH & Co. KG), die eine Anerkennung für ihr Export-Bier erhielt. Beim Wettbewerb 1894 in Berlin gehörte die Hacker-Bräu aus München, der damalige Marktführer in München und die heutige Hacker-Pschorr Brauerei der Schörghuber-Unternehmensgruppe, zu den Preisträgern. Einen 1. Preis in der Kategorie Flaschenbier errang die Frankenbräu aus Bamberg, die später bis 1991 sich offiziell „Bamberger Hofbräu“ sich nennen dürfte, 1972 von der Nürnberger Patrizier-Bräu übernommen wurde und die seit 2004 Teil der Oetker-Brauereigruppe ist. Zwei weitere namhafte und heute noch überregional verbreitete Brauereien beteiligten sich, konnten allerdings keine Prämierung erzielen.

Bis 1933 insgesamt 31 Wettbewerbs-Durchführungen

Der Dauerwaren-Wettbewerb wurde in den Anfangsjahren meist zweijährig und ab 1901 jährlich ausgeschrieben. In den Anfangsjahren zeigte sich, dass auch die Ausstellungs-Standorte auf die Aussteller positiv oder weniger anziehend wirkten, d.h. Ausstellungs-Standorte in Regionen mit vielen Herstellern und höherem Qualitätsniveau erwiesen sich als attraktiver. Zudem machten sich in den ersten Jahren wissenschaftlich noch offene Fragen wie der Zusatz von Konservierungsmitteln und ihre Bewertung in Zurückhaltung bei den Probenanmeldungen bemerkbar. Über die Jahre mit die meisten teilnehmenden Erzeugnisse kamen aus den Abteilungen Molkerei- und Fleischwaren, Getränke (Beeren- und Traubenweine sowie Biere) und Obst und Gemüse. Ein eigener „Sonderausschuss für Dauerwaren-Ausstellung und –Prüfung“ wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg 1919 gegründet, der die Wettbewerbe ausschrieb und durchführte sowie durch die ausführlichen Ergebnisberichte methodische und organisatorische Weiterentwicklungen und Verbesserungen veranlasste. Bis zur Auflösung der DLG im Jahre 1934 durch die NS-Herrschaft wurden insgesamt 31 Dauerwaren-Wettbewerbe und –Prüfungen durchgeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden diese Wettbewerbe eine Fortsetzung in der Tropen- und Exportprüfung.

(hgb)

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