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Erfolgreicher Start in eine neue Ära

Vor 75 Jahren wurde die DLG wiederbegründet

Der 18. September 1947 markiert in der Geschichte der DLG ein besonderes Datum: 13 Jahre nach der zwangsweisen Auflösung durch den Nationalsozialismus und der Eingliederung in den Reichsnährstand nahm die DLG ihre traditionelle Arbeit wieder auf. Im Rahmen der ersten Herbsttagung nach dem Krieg in Stuttgart-Hohenheim fand die Versammlung zur Wiederbegründung der DLG statt. Damit begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte der DLG; der Grundstein zu neuem Wirken war gelegt.

Die DLG hatte gerufen und der Zuspruch war außerordentlich. Bereits vierzehn Tage zuvor wurde für die britische Zone eine zweite Tagung am Sitz der Außenstelle der DLG in Göttingen mit Arbeitstagungen der Abteilungen Landvolk, Betriebswirtschaft und Ackerbau sowie deren Ausschüsse durchgeführt: An beiden Veranstaltungen nahmen rund 1.700 Besucher teil, davon 1.000 bei der Herbsttagung in Hohenheim und 700 in Göttingen. Besonders erfreulich war, dass die Teilnehmer aus allen vier Zonen kamen, aus Nord und West sowie aus Süd und Ost. Aus der sowjetisch besetzten Zone waren sowohl offizielle wie auch private Besucher gekommen.

Wir brauchen eine DLG!

Die Gründungsversammlung in Hohenheim markiert einen wichtigen Baustein beim Wiederaufbau der Landwirtschaft und des Organisationswesens in Deutschland. Neben der „erhebenden, beglückenden Feierstunde“ und der Freude über das Wiedersehen mit alten Freunden prägten aber auch sorgenvolle Töne über die ernste Lage die Diskussionen. Diesem erfolgreichen Start gingen monatelange, hochengagierte und sorgfältige Vorbereitungsarbeiten voraus. Bereits ab Herbst 1945 gab es erste Initiativen in Richtung Neubeleben der DLG, der Wunsch nach einer Wiederbegründung verstärkte sich besonders ab Frühjahr und Sommer 1946. Förderlich dafür war, dass Dr. Hans Schlange-Schöningen eine der Schlüsselpositionen als Leiter der zentralen Ämter für Ernährung und Landwirtschaft in der britischen und danach als Direktor der amerikanisch-britischen Zweizonen-Verwaltung in Frankfurt innehatte. Der vormalige Reichsminister, dessen Vater zu den Gründungsmitgliedern der DLG gehörte, war eine der prägenden Persönlichkeiten im Bereich Landwirtschaft in der Zeit vor 1933 und hatte als herausragender praktischer Landwirt immer auch ein besonderes Verhältnis zur DLG als Fachorganisation. Als Ende April 1946 die Zeitschrift „Neue Mitteilungen für die Landwirtschaft“ mit Schlange-Schöningen als Lizenznehmer erschien, wirkte das wie ein Startsignal in Richtung DLG. Im Geleitwort der ersten Ausgabe hatte er die Verbindung zur alten DLG hergestellt, denn die Zeitschrift wolle „an die besten Traditionen der ehemaligen Mitteilungen der DLG anknüpfen“. Dies verstärkte bei ehemaligen DLG-Mitgliedern die Überzeugung: Es wird eine DLG gebraucht!

Zu denen, die gezielt alte Verbindungen wieder aufbauten, gehörten ehemalige Mitarbeiter der DLG. Ein entschiedener und kraftvoller Macher hierbei war Rolf Mayer-Schalburg, der ehemalige Schauleiter der DLG-Wanderausstellungen. Er wurde der erste Hauptgeschäftsführer der neuen DLG. Ein weiterer Impuls kam im Frühsommer 1946 von den Verantwortlichen der Frankfurter Messe-Gesellschaft und der Stadt Frankfurt, deren neugewählter Oberbürgermeister Walter Kolb ein wichtiger Förderer für die DLG wurde. Dass der Neuanfang auch wirtschaftlich glückte, daran hatten sie als verlässlicher Partner der DLG erheblichen Anteil.

Ein entscheidender Meilenstein in Richtung Neubelebung der DLG stellte die Gründung des „Vereins zum Wiederaufbau der DLG“ dar. Sie fand auf Einladung von Karl Lorberg am 11. Dezember 1946 auf dessen Hofgut Wickstadt in der Wetterau statt. Er galt als exzellenter Betriebsleiter und war zugleich Präsident der neugebildeten Landwirtschaftskammer Hessen-Nassau. Dass er nicht zögerte, die Führung des neuen Vereins zu übernehmen, förderte die weiteren Aufbauarbeiten. Lorberg wurde zum Vorsitzenden gewählt und war ab September 1947 bis zur Wintertagung 1969 Vorsitzender und Präsident der DLG.

Gebraucht für Aufbau einer Landwirtschaft mit Zukunft

Es gab auch Einwände und Bedenken gegen die Wiederbegründung, das Verhältnis der DLG zu den Bauernverbänden und Genossenschaften war zunächst schwierig. Vor allem wurde eine Zersplitterung eines angestrebten einheitlichen landwirtschaftlichen Organisationswesens befürchtet. Doch für die DLG-Macher handelte es sich nicht um eine Zersplitterung, sondern um eine Zusammenfassung in wohlüberlegter Arbeitsteilung. Ein entscheidender Brückenbauer für eine Lösung der Meinungsverschiedenheiten war Dr. Wilhelm Niklas, geschätzter Staatsrat im Bayerischen Landwirtschaftsministerium und 1949 der erste Bundeslandwirtschaftsminister der jungen Bundesrepublik. Niklas war von der Bedeutung der DLG und ihren Aufgaben für eine Landwirtschaft mit Zukunft aufgrund seiner Mitarbeit in DLG-Fachgremien seit Beginn der 1920er-Jahre überzeugt und hatte dies dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Bauernverbände Dr. Andreas Hermes gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Verständigung zwischen ihnen in der „DLG-Frage“ mündete schließlich in einer Vereinbarung, die eine ständige enge Zusammenarbeit zwischen Bauernverband und DLG sicherstellte.

Die Umwandlung des Vereins zum Wiederaufbau in die „Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V.“ fand in der Versammlung begeisterte Zustimmung, und der 18. September 1947 wurde als Geburtstag der neuen DLG angesehen. Ende 1947 hatte die neue DLG bereits wieder 6.500 Mitglieder. Mit viel Elan haben die Abteilungen und Ausschüsse ihre Facharbeit aufgenommen. Der Aufbau von Abteilungen mit Benennung der Vorsitzenden und der ersten Ausschussmitglieder war in den Monaten zuvor vorbereitet worden. In Göttingen haben sich die Abteilungen Landvolk, Betriebswirtschaft und Ackerbau sowie in Hohenheim die Tierzucht- und Futterabteilung mit ihren zahlreichen Ausschüssen konstituiert. Zudem befanden sich neue Abteilungen im Aufbau. Dies waren die Ernährungs-Abteilung (die im Februar 1948 als „Marktabteilung“ eingerichtet wurde) sowie die Abteilungen Pflanzenzucht und Gerätetechnik. Zu den Hauptaufgaben der neuen Marktabteilung gehörte die Wiederentwicklung des Qualitätsgedankens auf allen Gebieten der landwirtschaftlichen Erzeugung. Der erste große Auftritt der wiederbegründeten DLG in der Öffentlichkeit zusammen mit den Sitzungen der Ausschüsse war die Frühjahrstagung Ende April 1948 in Wiesbaden. Dort hat die DLG eindrucksvoll deutlich gemacht, dass sie wieder lebte und an die Aufgaben, Leistungen und Traditionen der früheren DLG anschließen wollte.

Die Zielsetzung der neuen DLG war die gleiche geblieben wie bei Max Eyth, nämlich sie soll der Förderung des landwirtschaftlich-technischen und betriebswirtschaftlichen Fortschritts auf allen Gebieten der Landwirtschaft dienen. Dies wurde von Dr. Walter Asmis, Gründungsmitglied der neuen DLG und Vizepräsident bis 1954, in seiner Ansprache hervorgehoben. Auch wurde an zwei Prinzipien unverrückbar festgehalten, nämlich der finanziellen Unabhängigkeit und der parteipolitischen Neutralität. Vor allem das Zusammenwirken von Wissenschaft und Praxis werde eine wesentliche Befruchtung für den weiteren Fortschritt in der Landwirtschaft bringen. Dafür stehe die DLG mit ihrem Motto „Wissen und Können“.

Dieser Beitrag wurde zum 75. Jahrestag der Wiedergründung der DLG am 18. September 2022 verfasst von Hans-Georg Burger, Ehem. Leiter Servicebereich Information der DLG, E-Mail: Hans-Georg.Burger@t-online.de