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Verbraucherrelevante Verpackungsclaims – eine Analyse

DLG-Expertenwissen 06/2024

Autorin:

Kontakt: 
DLG e.V., Fachzentrum Lebensmittel
Simone Schiller, FachzentrumLM@dlg.org 

In der Lebensmittelindustrie, aber auch in der Verbraucherschaft erhält die Thematik einer umweltfreundlichen Verpackung einen immer höheren Stellenwert. Dabei steht grundsätzlich die jeweilige Einschätzung und Wahrnehmung der Verbraucher:innen im Vordergrund. In der DLG-Verpackungsstudie Sustainable Packaging 2024 geben 79 % der Verbraucher:innen an, dass die Umweltfreundlichkeit von Verpackungen verbessert werden muss. Zudem betonen 56 %, dass sie beim Einkauf darauf achten, wie umweltfreundlich das jeweilige Produkt verpackt ist und 74 % der Verbraucher:innen wünschen sich eine größere Vielfalt umweltfreundlicher Verpackungen. (1) Daraus kristallisiert sich, dass die Grundeinstellung der Verbraucher:innen positiv, hin zu einer umweltfreundlicheren Verpackung ist. 

Für die Verbraucher:innen trägt die Verpackungsindustrie die Verantwortung für die Steigerung der Umweltfreundlichkeit des Verpackungseinsatzes bei Lebensmitteln. Dies geht aus der DLG-Verpackungsstudie hervor: 92 % der Verbraucher:innen schätzen die Verpackungshersteller als starke oder sehr starke Kraft in der Verbesserung der Umweltfreundlickeit von Verpackungen ein. Dabei stellen die Verantwortlichen der Geschäftsführung und des Einkaufs die entscheidenden Umsetzungsorgane dar (1).

Verbraucher:innen betonen die Wichtigkeit und die Relevanz der Verbesserung durch die Verpackungsindustrie, zeigen jedoch gleichzeitig, dass sie sehr wenig über innovative Entwicklungen oder auch wenig über wichtige Aspekte vom Einsatz bestimmter Verpackungsmaterialien wissen. Dahingehend stellen 64 % der Unternehmensmitarbeiter aus der Verpackungsindustrie durch eigene Recherchen regelmäßig fest, dass Endverbraucher:innen bei Produkten oft nicht wissen, welche besonders umweltfreundlich verpackt sind und welche nicht. Demnach ist der Einsatz von Informationsmaßnahmen essentiell, um die Verbraucher:innen dabei zu unterstützen, die Umweltaspekte der Verpackungen zu verstehen und die Verpackungen umweltfreundlich zu benutzen sowie zu entsorgen.

Prof. Dr. Holger Buxel, Professor für Dienstleistungs- und Produktmarketing an der FH Münster, stellte in einer Studie im Jahr 2022 fest, dass die Verbraucher:innen sich über die Umwelteigenschaften der Verpackungen direkt am Point of Sales informieren. Dahingehend ist die Verpackung die am häufigsten genutzte Informationsquelle der Verbraucher:innen. Dabei erleichtert die Nutzung von Umwelt-Claims den Lebensmittelherstellern die Darstellung der Umwelteigenschaften der Verpackungen in einfacher und knapper, sowie sichtbarer und erlebbarer Form (7).

Des Weiteren kommt die DLG-Verpackungsstudie zu dem Ergebnis, dass die Verbraucher:innen zukünftig für eine Verbesserung der Verpackung plädieren, jedoch keine höheren Kosten auf sich nehmen würden. Diese Erkenntnis erschwert die Vermarktung und die Durchsetzung innovativer Entwicklungen und zukunftsorientierter Verbesserungen der Verpackungen.

Aktuell werden zahlreiche Claims auf Verpackungen verwendet, die den Verbraucher:innen vom jeweiligen Produkt und dessen Verpackung überzeugen sollen. Die SWOT-Analysen aus der DLG-Verpackungsstudie veranschaulichen bedeutende Umwelt-Claims im Hinblick auf Verständlichkeit, Wichtigkeit und Kaufrelevanz. Dabei werden die unterschiedlichen, von Unternehmen genutzten Umwelt-Claims in vier Felder gegliedert, sodass die Einschätzung der Claims seitens der Verbraucher:innen direkt erkennbar ist.

Zusammenhang zwischen der Verständlichkeit der Umwelt-Claims und der Kaufrelevanz

Die erste SWOT-Analyse der DLG-Verpackungsstudie veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Verständlichkeit eines Claims und der Kaufrelevanz. Umwelt-Claims, wie „Mehrweg“, „Wiederverwendbar“ oder „100 % recycelbar“ beschreiben der Studie zufolge Claims, die sowohl verständlich sind als auch eine Kaufrelevanz haben. Dabei ist gemäß Umweltbundesamt eine Mehrwegverpackung, genauso wie eine wiederverwendbare Verpackung, eine Verpackung, die nach dem Gebrauch mehrfach für den gleichen Zweck wiederverwendet werden kann und deren tatsächliche Rückgabe bzw. Wiederverwendung durch eine ausreichende Logistik ermöglicht wird. (2) Die beiden Claims „Mehrweg“ und „Wiederverwendbar“ können demnach als Synonyme betrachtet werden. Die Nutzung dieser Claims wird jedoch seitens der Verbraucher:innen unterschiedlich wahrgenommen. 

Es lässt sich ein Zusammenhang zwischen den verständlichen Claims und den Claims, die die Kaufbereitschaft beim Kunden für ein jeweiliges Produkt fördern, feststellen. Verbraucher:innen würden Produkte mit den Claims „Mehrweg“, „Wiederverwendbar“ und „100 % recycelbar“ im Vergleich zu Produkten mit anderen oder ohne Claims eher kaufen. 

Claims mit geringer Verständlichkeit und geringer Kaufrelevanz sind „energieeffizient hergestellt“, aus 100 % biobasiertem Kunststoff“, „klimafreundlich“ und „klimaneutral“. Der Claim „energieeffizient hergestellt“, ist ein Umwelt-Claim, der für die Verbraucher:innen unverständlich ist und eine geringe Kaufrelevanz aufweist. Die „energieeffiziente Herstellung“ wird als ein Prozess definiert, bei dem das Verhältnis eines bestimmten Nutzens zu dessen Energieeinsatz aufgezeigt wird. Demnach zählt: „Je weniger Energie eingesetzt werden muss, umso energieeffizienter ist ein Produkt bzw. eine Dienstleistung.“ (3) Der Claim „biobasierter Kunststoff“ beschreibt einen Kunststoff, der auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen entsteht und eine biogene Herkunft aufweist. (4) Für die Verbraucher:innen ist dieser Claim ebenso unverständlich, und erhöht nicht die Kaufbereitschaft. Der in unserer heutigen Gesellschaft häufig verwendete Begriff „klimaneutral“ bedeutet, dass durch ein Produkt bzw. eine Dienstleistung der Gehalt an klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre nicht erhöht wird. (5) „Klimaneutral“ ist gemäß SWOT-Analyse ein Umwelt-Claim, der weder leicht verständlich ist noch die Kaufrelevanz stärkt. Hinsichtlich der Thematik „Klimaneutralität“ ergibt sich für die Verbraucher:innen die Schwierigkeit, die Maßnahmen der Unternehmen leicht nachzuvollziehen. Denn oft beziehen sich klimaneutrale Maßnahmen nur auf einen Bereich eines Unternehmens oder Unternehmen begünstigen ihre Klimaneutralität durch den Kauf von Emissionsgutschriften für Projekte. (6)

Zusammenhang zwischen der Wichtigkeit des Schutzes der Umwelt und der Kaufrelevanz

Die zweite SWOT-Analyse der DLG-Verpackungsstudie gibt Auskunft über die Umwelt-Claims, die einen Zusammenhang zwischen der Wichtigkeit des Schutzes der Umwelt und der Kaufrelevanz aufzeigen. Dabei sind relevante Umwelt-Claims, die für die Verbraucher:innen sowohl eine entscheidende Wichtigkeit für den Schutz der Umwelt aufweisen als auch eine hohe Kaufrelevanz vorlegen: „Mehrweg“, „Wiederverwendbar“ und „100 % recycelbar“. Wie auch in der ersten SWOT-Analyse dargestellt, führen diese Umwelt-Claims zu einem Mehrwert für die Verpackung hinsichtlich der Kaufbereitschaft der Verbraucher:innen.

Umwelt-Claims wie „30 % weniger Verpackungsgewicht, „energieeffizient hergestellt“ und „aus 100 % biobasiertem Kunststoff“ gehören zu den Claims, die für die Verbraucher:innen keine große Wichtigkeit bezüglich des Schutzes der Umwelt und keine hohe Kaufrelevanz aufzeigen. Im Hinblick auf die Kaufrelevanz und den Einfluss auf die Kaufbereitschaft der Verbraucher:innen haben Claims wie „kompostierbar“ oder „aus 100 % nachwachsenden Ressourcen“ einen bedeutenden positiven Einfluss. Gleichzeitig sind sie jedoch aus Sicht der Verbraucher:innen weniger wichtig für den Schutz der Umwelt.

Zusammenhang zwischen der Verständlichkeit und der Wichtigkeit des Schutzes der Umwelt

Die dritte SWOT-Analyse der DLG-Verpackungsstudie veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Verständlichkeit der Umwelt-Claims und der Wichtigkeit des Schutzes der Umwelt. Claims, die eine hohe Verständlichkeit seitens der Verbraucher:innen und gleichzeitig eine hohe Wichtigkeit beim Schutz der Umwelt aufweisen sind: „Mehrweg“, „Wiederverwendbar“ und „100 % recycelbar“. 

Vergleichsweise dazu werden die Claims „energieeffizient hergestellt“ und „aus biobasierten Kunststoffen“ zu den Claims geordnet, die unverständlich sind und eine geringe Wichtigkeit für den Schutz der Umwelt aufweisen. Gut verständlich, aber jedoch als weniger wichtig für den Schutz der Umwelt aus Sicht der Verbraucher:innen erachtet, ist der Umwelt-Claim „zerlegbare Verpackung – Materialien leicht zu trennen“. 

Kernaussagen der SWOT-Analysen

Aus den drei SWOT-Analysen der DLG-Verpackungsstudie ergibt sich ein entscheidendes Ergebnis. Die Umwelt-Claims „Mehrweg“, „Wiederverwendbar“ und „100 % recycelbar“ werden in den drei Bereichen „Verständlichkeit“, „Wichtigkeit für Schutz der Umwelt“ und „Kaufrelevanz“ seitens der Verbraucher:innen als bedeutende Umwelt-Claims für die Lebensmittelverpackungen gesehen. Diese Claims begünstigen demnach sowohl die Kaufbereitschaft des Kunden als auch das Image der Verpackung. Somit stellen sie die Top Drei der Umwelt-Claims für Verpackungen dar.

Anhand dieser Umwelt-Claims lässt sich somit erkennen, dass die Themen „Recyclingfähigkeit“ und „Ressourcenschonung“ eine zentrale Rolle bei den Verbraucher:innen spielen und sie in ihrem Einkauf beeinflussen. In der Unternehmensbefragung gaben 80 % an, dass wichtige Aspekte bei der Verpackungsgestaltung die Erhöhung der Recyclingfähigkeit sowie die Reduktion von Energieeinsatz und Materialmenge je Verkaufseinheit sind. Diesbezüglich legen die Unternehmen bereits auf umweltverbessernde Strategien einen besonderen Wert. Die Themenfelder „Mehrweg“ und „Recyclingfähigkeit“ besitzen das höchste Potenzial, um Verbraucher:innen in ihren Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Umwelt-Claims sind umso wirkungsvoller, je verständlicher und selbsterklärender sie sind. Dadurch sollte ein Claim einfach und kurz dargestellt werden können, sodass dieser mit geringem kognitiven Aufwand von den Verbraucher:innen erfasst und verstanden wird (7).

Aus der DLG-Verpackungsstudie gehen neben den drei Top-Claims ebenso drei Umwelt-Claims hervor, die bei den Verbraucher:innen keine Relevanz erreichen:

Die drei Umwelt-Claims: „energieeffizient hergestellt“, „aus 100 % biobasiertem Kunststoff“ und „klimaneutral“ veranschaulichen die Claims, die für die Verbraucher:innen einerseits unverständlich sind und zum anderen sowohl für die Umwelt als auch für ihren Einkauf keine bedeutende Relevanz aufzeigen. Werden jedoch dahingehend die Strategien der Unternehmen nochmals betrachtet, lässt sich feststellen, dass ein bedeutendes Kernelement der Energieeinsatz pro Verkaufseinheit ist. Demnach ist die Thematik der „Energieeffizienz“ bei den Unternehmen der Branche ein entscheidender Faktor im Hinblick auf die Verbesserung der Verpackungen. Mit dem Claim „energieeffizient“ können die Verbraucher:innen jedoch vergleichsweise wenig anfangen. 

Warum sollten Unternehmen Umwelt-Claims auf der Verpackung nutzen?

Aus der DLG-Verpackungsstudie geht hervor, dass Verbraucher:innen Hinweise auf Umwelteigenschaften der Verpackung eines Produktes größtenteils auf der Verpackung beachten. Zudem wünschen sich 65 % der Verbraucher:innen mehr Verpackungshinweise auf Produkten und 64 % fordern mehr Hinweise, die eine umweltfreundliche Entsorgung erläutern (siehe Abbildung 6). Die Nutzung von Umwelt-Claims auf der Verpackung beeinflusst somit positiv die Kaufbereitschaft für ein bestimmtes Produkt. Denn die Aufmerksamkeit und der Fokus der Verbraucher:innen liegt während des Einkaufs auf der Verpackung des jeweiligen Produktes, sodass die mit den relevanten Claims ausgestattete Verpackung bereits die Überzeugung des Kunden begünstigt. 

Die von Prof. Dr. Holger Buxel durchgeführte Studie zu Lebensmittel-Siegeln und Verbrauchern im Jahre 2022 bestätigt die Wichtigkeit und Relevanz von Claims auf der Verpackung von Lebensmitteln. Es geht aus der Studie hervor, dass sowohl die Kauf- als auch die Zahlungsbereitschaft des Kunden durch Prüf- und Gütesiegel beeinflusst wird. Es sei demnach betriebswirtschaftlich sinnvoll, Verpackungen mit Siegeln und/oder Claims zu bestücken. (7) Ebenso findet in der Studie eine Beurteilung des Eco-Scores statt. Der Eco-Score ist eine Kennzeichnung, die die Umweltfreundlichkeit eines Produktes einordnet. Darunter fallen verschiedene Kriterien wie der ökologische Fußabdruck, die Herkunft der Zutaten, Nachhaltigkeitslabels und die Art der Verpackung. Insgesamt sind die Befragten positiv gegenüber dem Eco-Score eingestellt. 57 % der Befragten finden diesen hilfreich beim Einkauf von Lebensmitteln und 60 % sind der Meinung, dass alle Lebensmittelproduzenten zur Nutzung des Eco-Score verpflichtet werden sollten. Durch diese Erkenntnisse der Studie von Prof. Dr. Holger Buxel lässt sich erkennen, dass Verbraucher:innen verpackungs- und umweltbezogene Claims befürworten und während des Einkaufs nutzen. (7) 

Damit Verbraucher:innen ein Verständnis für die Verpackungsclaims entwickeln können, sollte bei der Verwendung von Umwelt-Claims darauf geachtet werden, dass ein einheitliches System in der Nutzung von Claims verfolgt wird. Dies geht aus der DLG-Verpackungsstudie wie folgt hervor: 

Mit 45 % der Verbraucher:innen stimmt eine klare Mehrheit für ein einheitliches System bei Hinweisen zur Umweltfreundlichkeit der Verpackungen. (1) Verbraucher:innen sollten demnach beim Betrachten des Siegels erkennen, um welches Siegel es sich handelt und zukünftig in der Lage sein, dieses wiederzuerkennen. In der Wahrnehmung der Verbraucher:innen entwickelt sich somit ein gewohntes Bild zum Siegel und zu dessen Platzierung. Des Weiteren kann der Verbraucher:innen durch eine leichte Erkennung der Claims schneller zwischen verschiedenen Produkten entscheiden und abwägen, welches Produkt umweltfreundlicher verpackt ist. Die Sicherheit bei der Kaufentscheidung seitens der Verbraucher:innen wird gestärkt und die Voraussetzung für eine bessere Orientierung und einen erleichterten Zugang zu umweltfreundlichen Verpackungen ist durch die bessere Verständlichkeit und einheitlichen Umsetzung bei den Umwelt-Claims gegeben.

Literaturverzeichnis

  1.  DLG. DLG-Insights Sustainable Packaging 2024.  2024 .
  2.  Umweltbundesamt. [Online] 2022. https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/produktverantwortung-in-der-abfallwirtschaft/verpackungen/mehrwegverpackungen-mehrwegverpackungssysteme .
  3. Umweltbundesamt. [Online] 2013. Was bedeutet „Energieeffizienz“? | Umweltbundesamt.
  4. Ökolandbau. [Online] 2020. Biobasierte Kunststoffe – Klimaretter oder nur eine Verlagerung des Problems? (oekolandbau.de).
  5. Deutsche Umwelthilfe. [Online] 2022. Klimaneutral – was bedeutet das eigentlich? – Deutsche Umwelthilfe e.V. (duh.de).
  6. Sauter, Agnes. Deutsche Umwelthilfe. [Online] https://www.duh.de/themen/verbraucher/verbrauchertaeuschung/klimaneutral/ .
  7. Buxel, Prof. Dr. Holger. Lebensmittel-Siegel und Verbraucher. Münster: s.n., 2022.
  8. Duden. [Online] 2021. recycelbar ➔ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft | Duden.
  9. Umweltbundesamt. [Online] 2023. Biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe | Umweltbundesamt.

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