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DLG-Talk: „Wertschöpfungskette: Responsibility. Kooperation. Mehrwert.“

Eine stabile Wettbewerbsfähigkeit hat für landwirtschaftliche Betriebe höchste Priorität. Der Verbraucher wünscht zwar eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln. Doch muss er für den Mehraufwand tiefer in die Tasche greifen.

Eine transparente nachhaltige Produktion von Lebensmitteln kann nur mit allen Akteuren der Wertschöpfungskette gelingen. Um darüber gemeinsam zu sprechen ist der Tag der Wertschöpfungsketten, auf den DLG-Feldtagen am 13. Juni 2024 auf dem Gelände von Gut Brockhof in Erwitte bei Lippstadt (NRW), die ideale Gelegenheit. Vorab haben Vertreter der DLG, aus dem Handel und Wissenschaft ihre Positionen im DLG-Talk: „Wertschöpfungskette: Responsibility. Kooperation. Mehrwert.“ ausgetauscht.

DLG-Talk

Videoaufzeichnung


Tag der Wertschöpfungsketten

DLG-Feldtage, 13. Juni

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Der Impuls zum Tag der Wertschöpfungskette auf den DLG-Feldtagen kam von Züchtern, um mit den Verarbeitern von Getreide und dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in den Dialog zu treten. Zusammen mit Landwirten wollen sie erfahren, welche Anforderungen die Verarbeiter an die Beschaffenheit des Getreides stellen, um ein gutes Backergebnis erzielen zu können. Von den Podiumsdiskussionen mit Vertretern der Wertschöpfungskette auf der DLG-Plaza versprechen sie sich Anregungen, um mit neuen Sorten die Anforderungen erfüllen zu können.

Landwirte seien alternativen Vermarktungswegen gegenüber offen, stellt Andreas Steul, Projektleiter DLG-Feldtage, im Webinar fest. Das Leitthema der Feldtage: „Pflanzenbau out of the box“ decke die gesamte Bandbreite ab. Da gehe es nicht nur um Weizen, sondern auch um Kulturen wie beispielsweise Lupinen, die die Fruchtfolge erweitern und den Boden lockern. Doch müsse mit der passenden Vermarktung ein lukrativer Verkauf für die Landwirte herausspringen, führt Steul aus.

Prof. Dr. Tilo Hühn von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sowie Vorsitzender des DLG-Ausschusses New Feed & Food gibt im Webinar Auskunft über den Stellenwert einer nachhaltigen Produktion in der Gesellschaft. „Die Kette ist unter Druck geraten, so Hühn. Für ihn ist „Out of the Chain“ die Antwort auf „Pflanzbau out of the box“ . Die Gesellschaft verlangt einen nachhaltigen Anbau von Lebensmitteln. Sein Forscherteam stellt daher den Kontakt zur ursprünglichen Produktion her. Damit möchte der Wissenschaftler den Aufwand sichtbar machen, um einen „anständigen Preis für die Produktion von Agrarprodukten verlangen zu können.

Aktives Bodenleben wiederherstellen

Ein Zurück zur romanischen, idyllischen Landwirtschaft gebe es nicht mehr. Moderne Intelligenz und künstliche Technik tragen zur regenerativen Landwirtschaft bei. „Wir haben das bisherige landwirtschaftliche System zu stark beansprucht“, gibt Hühn, Sohn eines Schweizer Bauern, zu. Nun gelte es, Biodiversität Artenvielfalt und das aktive Bodenleben wiederherzustellen. Er spricht sich für Anbaukonzepte aus, die die Resilienz der Pflanzen gegenüber Schädlingen und Krankheiten stärken.

Inflation übt Druck auf die Preise aus

"Wir müssen daran arbeiten, dass Verbraucher für nachhaltig erzeugte Produkte tiefer in die Tasche greifen", meint der Wissenschaftler selbstkritisch. Die Energie- und geopolitischen Krisen sowie die Inflation üben einen starken Druck auf die Preise aus. Doch steige die Gruppe derer, die regenerative Maßnahmen in der Lebensmittelproduktion honorieren wollen. Die Vorgehensweise, so günstig wie möglich zu produzieren, habe die aktuellen Krisen mit verursacht. “Es gibt nichts gratis, wir müssen realisieren, dass der Preis für Lebensmittel steigt, wenn wir der Umwelt Gutes tun wollen“, lautet der Appell des Wissenschaftlers.

Von der Aussaat bis zur Ernte

Das Projekt Klimapartner Landwirtschaft stellte Dr. Christoph Leufen, Bereichsleiter Pflanzliche Produktion RWZ AG, vor. Nachhaltigkeit bedeutet für den Vertreter des Agrarhandels eine Zusammenarbeit aller Akteure in der Wertschöpfungskette, von der Bodenbearbeitung, über alle Betriebsmittel wie Saatgut, Düngung, Pflanzenschutz und Biostimulanzen, über Lagerung hin zur Mühle ins Ladenregel im Supermarkt. Hier arbeit die RWZ AG mit der BASF in einer Allianz zusammen und bündelt ihre Kräfte. „Wir betreuen den Landwirt von der Aussaat bis zu Ernte. „Wir wollen den CO2-Fußabdruck in der Landwirtschaft um 30 Prozent senken und die Landwirtschaft umkrempeln“, lautet sein Anspruch. Den "proof of concept" haben beide Partner im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt. Emissionen lassen sich beispielsweise beim Pflügen einsparen und mit dem Einsatz von stabilisierten Düngern, in Verbindung mit digitalen Applikationstool plus zielgerichteter Pflanzenschutz, reduzieren. Im Sommer stehe die erste Ernte des Weizens der Klimapartner-Landwirte an. Diejenigen, die den Aufwand betreiben und 30 Prozent Emissionen einsparen, erhalten eine Prämie auf den Weizenpreis. Für das Anbaujahr 2024/25 sucht die RWZ „mutige Landwirte“ sowie Abnehmer aus der Nahrungsmittelindustrie als Klimapartner, um eine Fläche von 20.000 ha nachhaltig zu bewirtschaften. Leufen denkt bereits darüber nach, neben Weizen, Braugerste und Kartoffeln anzubauen.

Nachhaltige Unternehmensführung im Trend

Der europäische Green Deal hat das Ziel, bis 2045 in der EU klimaneutral zu wirtschaften. Für die Sparte Landwirtschaft liegen die Regularien, um dazu beizutragen, noch nicht vor, erklärt Erik Guttulsröd, stellvertrender Geschäftsführer DLG-Fachzentrum Landwirtschaft  und Bereichsleiter Betriebsführung und Nachhaltigkeit. Er richtete in seinem Statement beim DLG-Talk den Fokus darauf, inwieweit Kriterien wie Umwelt und Soziales sowie regulatorische Anforderungen wie die EU-Taxonomie rund um eine nachhaltige Unternehmensführung für die Wertschöpfungskette Agrar & Ernährung an Bedeutung gewinnen. Im Boot sitzt auch die Finanzbranche. Immer mehr Banken verlangen gegenüber ihren Kreditnehmern den Nachweis einer nachhaltigen Produktion.

Unter der Leitung von Guttulsröd hat die DLG ein eigenes Nachhaltigkeitszertifizierungssystem entwickelt. Die Zertifikate nach bestandenem Audit können die Betriebe auf Wunsch den Verarbeitern und Banken vorlegen. Am Ende komme es auch hier auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebsprozesse an, ist Guttulsröd überzeugt. Sie ist das wichtigste Kriterium in der Nachhaltigkeitssäule. Der Zusatznutzen Nachhaltigkeit müsse sich am Ende für den Betrieb rechnen, so Guttulsröd.