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Anfänge der DLG-Landtechnik: Geräteabteilung und Maschinenprüfungen

Zur Zeit der Gründung der DLG war die Landwirtschaft in Deutschland noch kaum mechanisiert. Es gab zwar einfache Geräte und Maschinen, die aber die Handarbeit allenfalls erleichtern, aber kaum ersetzen konnten. Max Eyth war nach seiner Rückkehr nach Deutschland geradezu entsetzt, „wie weit wir auf diesem Gebiet zurück sind“. Wesentlich fortschrittlicher war man in den USA oder in England. Von dort wurden zunächst beispielsweise erste Mäh- und Dreschmaschinen importiert, so von Heinrich Lanz in Mannheim, der erst später eine eigene Fertigung aufbaute.

Landflucht und die Suche nach arbeitssparenden Lösungen

Es gab zahlreiche örtliche Vereine und Organisationen, sie waren aber kaum überregional organisiert. Zu deren Aktivitäten zählten auch Ausstellungen und Geräteprüfungen, die aber kaum einen Informationswert hatten. Die zunehmende Landflucht als Folge der Industrialisierung zwang zur Suche nach arbeitssparenden Lösungen. Zahlreiche landwirtschaftliche Schmiedebetriebe begannen, zunächst einfache Geräte herzustellen. Es fehlten aber klare Anforderungsprofile aus der Praxis, einheitliche Beurteilungskriterien und abgesicherte Erfahrungswerte sowie darauf aufbauend eine fundierte Beratung.
 

Max Eyth konnte bei der Gründung der DLG auf bewährte Beispiele aus England zurückgreifen. Er hatte dort die Ziele und die Organisation der Royal Agricultural Society (RAS) kennen gelernt und gründlich studiert. Deren Grundsätze hat er weitgehend bei dem Aufbau der DLG übernommen.

Förderung der Mechanisierung der Landwirtschaft

Es waren immer die gleichen Umstände Auslöser dafür, die Max Eyth und seine Weggefährten zum konsequenten Handeln zwangen: offensichtliche Rückständigkeit im Maschinen- und Gerätewesen, damit fehlende Zukunftsperspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe wie auch für das deutsche Landmaschinenwesen und die „Vorherrschaft des Imports“. Was muss geschehen, „um den Gebrauch von deutschen Geräten bei unseren Landwirten zu beleben … und um der Verbreitung unzweifelhaft schlechter Fabrikate entgegenzuwirken?“ Diese Fragen führten dazu, dass die Förderung der Mechanisierung in der Landwirtschaft von Anbeginn einer der Schwerpunkte der DLG wurde. Max Eyth nahm sich dieses Themas mit großer Gründlichkeit an: Er sah, dass in Deutschland die Skepsis gegenüber neuen Techniken noch weit verbreitet war. Selbst ein solch fortschrittlicher Landwirt wie Wilhelm Rimpau, einer seiner engen Weggefährten, erklärte noch 1888 auf die Frage, welchen Düngerstreuer er kaufen würde: „gar keinen, es bleibt beim Handstreuen“.

Schon auf der ersten großen Wanderversammlung in Dresden, wenige Monate nach der Gründung im Juni 1886, wurde auch eine Maschinenabteilung gebildet, zusammen mit den anderen klassischen Abteilungen. Max Eyth selbst übernahm zunächst den Vorsitz der Abteilung. Sein Nachfolger wurde 1889 der 39-jährige Rittergutsbesitzer Bernd von Arnim-Criewen aus Schwedt an der Oder, ein Vertreter der jüngeren Generation in der DLG. Arnim-Criewen wurde 1892 Vorsitzender des DLG-Vorstandes, was er bis zu seiner Ernennung zum Landwirtschaftsminister Preußens 1906 blieb.

Aufgaben und Maßnahmen der Geräteabteilung

In der Aufgabenstellung für die Geräteabteilung waren die gründliche Vorbereitung und die Handschrift Max Eyths unverkennbar. Die Mechanisierung sollte hauptsächlich durch folgende Maßnahmen gefördert und erreicht werden:

  • durch gut organisierte Maschinenschauen auf den jährlichen Ausstellungen der DLG,
  • durch sachverständige und objektive Prüfung landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte,
  • durch Versammlungen,
  • durch Veröffentlichung von Prüfergebnissen und Erfahrungen aus der Praxis sowie
  • durch Beobachtung des landwirtschaftlichen Maschinenwesens im In- und Ausland.

Entwicklung der Prüfbestimmungen und Durchführung der Maschinenprüfungen

Fragen des Prüfungswesens und der Maschinenschauen beherrschten die Erörterungen bei den Abteilungsversammlungen in den ersten Jahren. Zur Beurteilung der Maschinen und Geräte organisierte die DLG im Vorfeld ihrer Ausstellungen diese Prüfungen, denn eine eigene Prüfstelle hatte die DLG damals noch nicht. Die Kriterien und Anforderungen für die Prüfungen wurden vorher in Kommissionen definiert, in denen erfahrene Praktiker und Berater, aber auch Vertreter der Industrie mitarbeiteten. So konnten die Hersteller die Prüfgegenstände den gestellten Anforderungen anpassen und entsprechend vorher erproben. Eine erfolgreiche Prüfung wurde so zu einer einträglichen Empfehlung bei der Kaufentscheidung.

In Hauptprüfungen wurden Maschinen und Geräte in einer Gruppe von Maschinen gleicher Bauart erprobt und beurteilt. Die Ergebnisse waren für Praktiker eine wichtige Entscheidungshilfe bei Investitionen. Sie boten aber auch den Herstellern eine gute Orientierung zum Stand der eigenen Entwicklung im Vergleich zum Wettbewerb. Einzelprüfungen dienten den Herstellern dazu, neue Geräte dem Urteil der Sachverständigen zu unterwerfen, ohne sich dem scharfen Wettbewerb und der öffentlichen Kritik der Hauptprüfungen auszusetzen. Sie waren üblich bei den nicht wenigen Maschinenprüfanstalten in verschiedenen Regionen Deutschlands. Vorprüfungen ermöglichten den Fabrikanten, neue Entwicklungen vor der  Serienfertigung zu testen und zu bewerten. Die Ergebnisse wurden nur dem Hersteller mitgeteilt. So konnten Misserfolge den Herstellern beim Verkauf, den Landwirten beim Einsatz erspart bleiben.

Zu den ersten Prüfungen gehörten Düngerstreuer 1888, Bindermäher 1891, Kartoffelerntemaschinen 1894, Gasmotoren 1894 und Dieselmotoren 1898, Beregnungsanlagen 1911, Melkmaschinen 1912, Motorpflüge 1913 bis zu Waschmaschinen und Trockenschleudern 1925, Siloförderern 1927 und Schleppergeräten 1928. Bis 1934 haben insgesamt 5.400 Maschinen und Geräte die Prüfungen der DLG in Vorprüfungen, Einzelprüfungen und Hauptprüfungen durchlaufen. Sie schieden die Spreu vom Weizen.

Auch bei Sicherheitsvorrichtungen Anlass zum Handeln

Je mehr Maschinen zum Einsatz kamen, desto mehr Unfälle gab es. Auch hier sah die DLG Anlass zum Handeln. 1891 wurde von der Geräteabteilung ein Sonderausschuss für Sicherheitsvorrichtungen berufen, der über zwei Ausstellungen hinweg die Schutzvorrichtungen an allen Maschinen prüfte und die besten prämierte. Oftmals fehlten solche Vorrichtungen auch gänzlich. Ab der DLG-Ausstellung 1894 in Berlin durften nur noch Maschinen ausgestellt werden, die den DLG-Vorschriften für Schutzvorrichtungen genügten.

Fazit über die Anfänge der DLG-Landtechnik

Dank der internationalen Erfahrungen Max Eyths war der DLG als erster landwirtschaftlicher Organisation in Deutschland bewusst, welche Bedeutung moderne Technik für eine Landwirtschaft mit Zukunftsperspektiven besaß. Die DLG setzte daher von Beginn an entschlossen auf den technischen Fortschritt. Dazu gehörte auch zu erkennen, wie sich diese Technik in der Landwirtschaft weltweit auswirkte und welche Rückwirkungen dies auf die deutsche Agrarstruktur hatte, und daraus Konsequenzen zu ziehen. Die Maschinenprüfungen und die Maschinenschauen auf den Ausstellungen trugen dazu bei, die Produktivität der deutschen Landwirtschaft deutlich zu steigern und dem deutschen Landmaschinenwesen entscheidende Impulse auf dem Weg zur Wettbewerbsfähigkeit zu geben. Die Landmaschinenprüfungen der DLG basierten und basieren auf praxisbezogenen Prüfkriterien und reproduzierbaren Messergebnissen, mit hohem  Informationswert für Anmelder wie Anwender. Fachkompetenz, Neutralität und Vertraulichkeit stehen im Vordergrund.

(hhb)

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