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Industrie 4.0 - Kompaktwissen

DLG-Expertenwissen 07/2016

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Autor:

Leo Bartevyan,
IT Systems Engineer,
Digital Factory Solutions, CENIT AG., L.Bartevyan@cenit.de

Kontakt:
Dr.-Ing. Annette Schmelzle
DLG-Fachzentrum Lebensmittel
A.Schmelzle@DLG.org


„Industrie 4.0“ wurde als deutsche Wortschöpfung zur Hannover Messe 2011 vorgestellt. Der Begriff steht für eine ganze Reihe an neuen Verfahren und technischen Entwicklungen, die neue Technologien mit industriellen Standards der Fertigungsindustrie verbinden, um einen immer dynamischer werdenden Markt zu bedienen. Das Internet hat Kommunikation und  Verbraucherverhalten grundlegend verändert. Mit Web- und Cloud-Technologie können Informationen heute weltweit ausgetauscht werden.

Webbasierte Daten sind geräte- und softwareunabhängig und können weltweit in Echtzeit abgerufen und verändert werden. Diese technischen Rahmenbedingungen werden die Industrie und die Fertigung nachhaltig verändern. Industrie 4.0 definiert sich daher auch nicht nur über neue Basistechnologien, sondern beschreibt vielmehr einen fundamentalen Paradigmenwechsel: weg von der zentralen Steuerung und hin zu dezentralen intelligenten Prozesseinheiten.

Neben der Technologie werden auch die Organisation und die Software eine ganz entscheidende Rolle bei diesem Wandel übernehmen. Im Kern geht es um die Information als den entscheidenden Faktor. Die Information steuert das Design und die Herstellung eines Produktes. Sie begleitet es über den kompletten Lebenszyklus und darüber hinaus. Die Information ist die Basis einer kontinuierlichen Verbesserung, sie ist die DNA der digitalen Evolution. Industrie 4.0 stellt dafür Infrastruktur und Methoden auf Industriestandard zur Verfügung. Ob neue Materialien, individuelle Artikel, intelligente Produkte und Maschinen, modulare Prozesse, Datenverarbeitung oder  Kommunikation, im Kern dreht sich Industrie 4.0 um das Zusammenspiel von Netz, Produkt und Anwender.  

Erste industrielle Revolution: Maschinen

100 n. Chr. entdeckte Heron von Alexandria das Prinzip der Dampfkraft (Aeolopile). Aber es verliefen fast 1.600 Jahre bis die Dampfkraft industriell genutzt wurde. Erst James Watt verhalf ihr 1769 zum Durchbruch, indem er die damalige Technik mit einer Fliehkraftsteuerung koppelte. Dieser erste Regulator war entscheidend für den industriellen Einsatz. Er ist zudem ein gutes Beispiel für ein einfaches kybernetisches System. Damals wie heute sind innovative Technologien die Basis.  Doch erst die Steuerung war und ist es, die über den Erfolg entscheidet. Werner von Siemens überführte 1866 das Prinzip der Dampfmaschine in den Generator. Die Elektrifizierung machte Energie nun transportierbar und schuf die Grundlage für ganz neue Maschinentypen auf der Basis von Elektromotoren.

Chancen durch Industrie 4.0

  • Hohe Wettbewerbsstärke
  • Flexible Fertigung
  • Individuelle Produktion
  • Innovative Geschäftsmodelle
  • Neues Arbeiten

Quelle: BITKOM

Zweite industrielle Revolution: Prozesse

Parallel und weitestgehend unbemerkt entwickelten sich bereits 1833 in England die ersten Ansätze der industriellen Massenfertigung bei der Produktion von Schiffszwieback. Ablauf und Technik der Schlachthöfe, die sich in Cincinnati seit 1870 etablierten, inspirierten den jungen Henry Ford das Prinzip der Fließbandfertigung auf die Herstellung der bis dahin rein manuell gefertigten Automobile zu übertragen. 1913 lief der erste Ford vom Band und eine neue Organisationsform der Produktion ging um die Welt. Zwischen Entdeckung der Basistechnologie und deren industriellen Einsatz lagen somit etwa 90 Jahre.

Quelle: www.siemens.com/presse

Dritte industrielle Revolution: Elektronik

Mit dem ersten Flipflop Schaltkreis wurde 1958 der Grundstein für eine rasante elektronische Entwicklung gelegt. Nur drei Jahre später kam die erste NC-Steuerung auf den Markt. Mit den speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und den FeldBussystemen war damit gegen Ende des letzten Jahrtausends eine industrietaugliche Netzstruktur etabliert. Elektronische Signale und deren Verarbeitung sind die Schlüsselfaktoren dieser Epoche. Zwischen dem ersten Schaltkreis und dem industriellen Einsatz der Simatic-Steuerung lagen nur noch 25 Jahre. Das Mooresche Gesetz geht seit dem von einer Verdopplung der Schaltkreisdichte in weniger als zwei Jahren aus und hat sich bisher empirisch bestätigt. 1973 stellte Kuka den ersten Sechs-Achs-Roboter vor und lieferte damit wichtige Impulse für die Automatisierung in Deutschland und weltweit.

Vierte industrielle Revolution: Information

In den letzten 50 Jahren liefen viele Entwicklungen gleichzeitig und parallel: 1970 führte die Kaufhauskette Wal-Mart das Barcode-Identsystem für Kennzeichnung und Datenverarbeitung ein. Damit stand ein druckbarer maschinenlesbarer Code zur Produktidentifizierung zur Verfügung. 1977 folgte der EAN-Code und von da an weitere Entwicklungen mit dem Ziel, immer mehr Informationen bei immer höherer Lesegeschwindigkeit und Fehlertoleranz auf ein Produkt aufzubringen. Im selben Jahr  stellten Steve Wozniak und Steve Jobs ihren Bausatz für den Apple 1 vor, der erstmals auch für Privatpersonen erschwinglich war.

Der Nachfolger Apple II war ein „offenes System“ und hatte bei seiner Markteinführung acht freie Steckplätze (engl. Slots), mit denen er erweitert werden konnte. Der Erfolg der Personal Computer wie Apple, Commodore, Tandy und IBM beruhte auf dieser offenen und erweiterbaren Architektur. Für Personal Computer (PC) existierten zahlreiche Videospiele und Software für Privat-Anwender. Sie waren damit auch für den professionellen Einsatz und für Büroanwendungen geeignet. Die Software wurde zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

Um 1989 entwickelte Tim Berners-Lee die Grundlagen für den Hypertext, einer neuen Art von Information. Mit HTML, der Hypertext Markup Language, schuf er die offene Systemplattform, die die Welt nachhaltig veränderte: das World-Wide-Web. Unter dem Sammelbegriff „Internet“ fassen wir heute wie selbstverständlich unterschiedlichste Protokolle, Dienste und Services zusammen, die Text, Bilder, Musik und Videos interaktiv miteinander verknüpfen. Das Internetprotokoll und offene Standards waren die Basis für eine neue Form der Kommunikation.

Nach und nach wurden die Geräte schneller und die Inhalte anspruchsvoller. Aus Rechnern wurden Laptops, Notebooks und später Tablets. Der Aufbau leistungsstarker Funknetze und die Smartphones machten das Internet schließlich mobil und damit omnipräsent. Heute können über Web- und Cloud-Technologie Informationen wie selbstverständlich weltweit ausgetauscht  werden. Information ist heutzutage geräte- und softwareunabhängig und weltweit in Echtzeit verfügbar. Das eröffnet auch für die Industrie völlig neue Möglichkeiten. Und genau darum geht es bei  Industrie 4.0! Bei der Produktion und Automatisierung steht ein Wechsel an, der weg von einer zentralen Steuerung und hin zu autonomen Objekten führt, die sich untereinander verständigen, so dass Information selbst über Ort und Art der Fertigung eines Produktes entscheidet.

WEB 2.0

Tim Berners-Lee hadert bis heute mit der Bezeichnung Web 2.0. Hatte er doch das World-Wide-Web von Anfang an darauf hin ausgelegt, dass Nutzer eigene Inhalte (Content) erstellen können. Der erste Browser war auch gleichzeitig als Editor konzipiert. Trotzdem hat sich „2.0“ als Begriff für eine neue und deutlich verbesserte Technologie so weit etabliert, dass er letztendlich auch Pate für die Wortschöpfung Industrie 4.0 gestanden hat. Im Kern geht es um die steigende Bedeutung der Information, den Inhalt oder kurz: Content. Der Nutzer trägt ganz entscheidend zum Mehrwert bei, indem er eigene Inhalte schafft und sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Wikipedia ist ein erfolgreiches Beispiel dafür. Der Name setzt sich zusammen aus Wiki, dem hawaiischen Wort für ‚schnell‘, und encyclopedia, dem englischen Wort für ‚Enzyklopädie‘. Ein Wiki ist ein Webangebot, dessen Seiten jeder leicht und ohne technische Vorkenntnisse direkt in einem Webbrowser bearbeiten kann. Die frei lizenzierte Online Enzyklopädie lebt von den Inhalten der Benutzer. Jeder Nutzer kann dort auch Inhalte bearbeiten und verändern. Was im ersten Moment nach einem großen Chaos klingt, organisiert sich jedoch erstaulich gut und trägt zu einem global wachsenden Wissen bei. Ein paar Regeln und Rahmenbedingungen sind jedoch unerlässlich, damit You Tube, Instagram und Konsorten funktionieren. Die „Netiquette“ soll dabei das Miteinander regeln und für eine Art Minimalstandard sorgen (RFC 1855). Sie wird in der Regel durch die Nutzungsbedingungen der Webseiten und sozialen Netzwerke/Plattformen erweitert und angepasst.

Digitalisierung und digitale Transformation

Oft werden diese beiden Begriffe synonym verwendet, dabei ist die Digitalisierung die Basis für eine digitale Transformation. Anhand der Digitalfotografie kann man beide Prozesse sehr gut verfolgen und unterscheiden. Alles begann mit einem lichtempfindlichen Datenchip gegen Ende der 1960er Jahre. Die Auflösung war sehr klein und die notwendigen Apparate sehr groß und unhandlich. Die erste tragbare Kamera, die als Vorreiter der Digitalkamera angesehen werden kann, wurde deshalb auch als „portable all electronic still camera“ bezeichnet und 1975 von Steve Sasson bei Kodak entwickelt. Sie blieb aber nur ein Prototyp. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass das Unternehmen, das als erster digitale Kameratechnik entwickelte, 2012 die Produktion einstellen und sich komplett aus der Fotografie zurückziehen musste. Man hatte das Potenzial der eigenen Entwicklung verkannt und den Markt nicht gesehen. Sony stellte 1981 mit der „Mavica“ eine eigene Entwicklung nach demselben Funktionsprinzip vor, die allgemein als erste „Ur-Digitalkamera“ gilt. Der Name der Kamera lehnte sich an das Speichersystem in Form eines Magnetbandes an. Die Aufnahme war zwar „digital“, aber eine digitale Speicherung der Daten wurde erst zehn Jahre später Realität. Doch dann ging alles sehr schnell. 1991 wurde mit JPEG eine Norm für eine standardisierte Bildkompression verabschiedet: der Standard war der Durchbruch für die Digitalfotografie! Plötzlich war es möglich digitale Aufnahmen so zu komprimieren, dass man sie speichern und sogar per E-Mail verschicken konnte. Schritt für Schritt folgte dann eine beeindruckende digitale Transformation. Im Jahr 2000 brachte Sharp das erste Mobiltelefon mit integrierter Digitalkamera auf den Markt und 2007 folgte mit dem iPhone eine ganz neue Ära der Smartphones. Digitale Schnappschüsse und Videos sind nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Plattformen wie Facebook, Twitter, Flickr oder Instagram sind neue eigenständige Entwicklung aus der Digitalisierung hervorgegangen. Begriffe wie  „Selfie“, „Emoji“, „Likes“ oder „Follower“ wurden zu Zeugnissen einer Zeitenwende und neuen digitalen Selbstverwirklichung. Digitale Fotos und Videos, weltweit und Echtzeit verfügbar, können Freude bereiten, Menschenleben retten, Verbrechen aufklären oder Revolutionen auslösen. Die Transformation brachte auch neue Geschäftsfelder hervor und Bekanntes zurück. Ein Unternehmen aus Oldenburg gilt heute als größter Anbieter von Fotobüchern in Europa. Das Fotoalbum zum Anfassen ist wieder da und sehr beliebt, nur eben „digital transformiert“.

IPv6 und das Internet der Dinge

Die IP-Adresse (InternetProtokoll) definiert die Eindeutigkeit im Internet. Sie wird benutzt, um Computer und andere Geräte direkt anzusprechen. Doch der aktuelle IP-Adressraum ist bereits zu über 99 % belegt. Viele Rechner, Tablets und Smartphones werden daher in reservierten Sub-Netzen organisiert, wie beispielsweise der Adressbereich von 192.168.0.0. bis 192.168.255.255 für private Netzwerke. Diese Adressen können nur über Router und dynamische IP-Adressen angesprochen werden. Webcams, Spielekonsolen, Fernseher und andere Haushaltsgeräte sorgen jedoch zunehmend für eine weitere Nachfrage nach eigenen IP-Adressen. Mit IPv6 (RFC 2460) steht nunmehr eine 32-stellige Adressierung zur Verfügung, die einen Adress­raum von über 340 Sextillionen IP-Adressen umfasst. Eine Zahl mit 39 Stellen. Das entspricht etwa 600 Billiarden Adressen pro Quadratmillimeter der Erdoberfläche. Um IPv6 Adressen kompakt darzustellen, nutzt man hexadezimale Zahlen. Die Notation wird kürzer: Mit „::1“ kann man die Host-Local-Adresse aus 15 Nullen und einer 1 beschreiben, die dem Local Host 127.0.0.1 bei IPv4 entspricht.

Jedes Objekt kann ab sofort eine eigene eindeutige IP-Adresse erhalten. Jedes Produkt, jedes Paket und jeder relevante Gegenstand kann über eine eigene Internetadresse direkt und unmittelbar angesprochen werden. Alle wesentlichen Voraussetzungen für ein Internet der Dinge (IoT) sind somit vorhanden. Das Netz erstreckt sich in Zukunft nicht mehr nur über Rechner und Smartphones, sondern kann auch Dinge des täglichen Lebens und Gebrauchsgegenstände einbinden.

Virtuelle Stores und Private Produkte

In einem virtuellen Store kann man alles rund um die Uhr einkaufen. Auch frische Lebensmittel, die entweder fertig verpackt abgeholt oder geliefert werden.  Vielleicht demnächst auch per Drohne. Doch auch die Produkte werden individueller. Das Verbraucherverhalten ändert sich. Individuelle Lifestyle-Produkte brauchen neue und flexible Produktionsprozesse. Man stellt sich heute schon sein eigenes Müsli zusammen oder bestellt sein privates und individuell etikettiertes „Geburtstagsbier“. Das fordert organisatorische und technische Veränderungen bei der Fertigung.

Embedded Systems und Cyber-physische Systeme

Regelungssysteme können Anlagen in klar definierten Bereichen autonom fahren und so beispielsweise Gärprozesse automatisch in einem bestimmten Temperaturfenster halten. Da sie die Steuerung von komplexen Prozessen vereinfachen oder überhaupt erst möglich machen, werden Mikrochips direkt in Maschinen und Anlagen integriert. Man spricht von eingebundenen Systemen, den Embedded Systems. Der Übergang zu einem Cyber-Physischen System (CPS) ist dabei fließend, denn die Grenzen zwischen virtueller, digitaler Welt und realer Welt verschwinden zusehends. Ein CPS reagiert auf Veränderungen, es kann Aufgaben blitzschnell digital verarbeiten und Ergebnisse in reale Steuerungsbefehle umsetzen. Herzschrittmacher, ABS und ESP sind bewährte Cyber-Physische Systeme, die aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.   

Alles wird smart

Smart Grid, Smart Objects und Smart Factory stehen exemplarisch für den wichtigsten Paradigmenwechsel kommender Entwicklungen. Wie die Kybernetik in Form des Fliehkraftreglers bei der Dampfmaschine elementare Steuerungsfunktionen übernahm und damit ein neues industrielles Zeitalter einleitete, so stehen nun intelligente Technologien zur Verfügung, die eigenständige, auch hoch komplexe Regelungsaufgaben übernehmen können: Netze, die sich selber regulieren, Objekte, die ihren Weg eigenständig finden oder Fabriken, die sich in Teilen selbst steuern. Das klingt im ersten Moment genauso verrückt, wie eine Enzyklopädie, bei der sich jeder einbringen kann. Und doch liegt genau darin die große Stärke.

Die resiliente Fabrik

Ein dezentrales und selbst organisierendes System muss dabei nicht besser oder produktiver sein als ein klassisches System, das alle Optimierungsmöglichkeiten für eine Serienproduktion ausgeschöpft hat. Autonome Systeme brauchen im Regelbetrieb sogar mehr Transporteinheiten als unter der Regie eines leistungsstarken MES, und womöglich brauchen sie auch noch länger für einen Auftrag.

Aber sie sind wesentlich flexibler und redundanter, so dass Langzeitbetrachtungen unter der Berücksichtigung natürlicher Schwankungen deutlich zu Gunsten autonomer Systeme ausfallen. Ein dezentrales selbstorganisierendes System kann autonom und agil auf unerwartete Ereignisse reagieren. Es entsteht eine fehlertolerante, agile und lernfähige Fabrik: die resiliente Fabrik.

Advanced Manufacturing

Der Begriff „Advanced Manufacturing“ wird in den USA etwas weiter gefasst und bezieht auch Trends und Technologien der Unterhaltungselek­tronik in diesen Wandel mit ein. Auch dort stehen umwälzende Marktveränderungen an. Fernsehen, Spielkonsolen und Internet wachsen zusammen. Streaming und Videoportale verändern die Märkte. Auch der Konsument ändert sein Medienverhalten und wird mehr und mehr zum Autor. Die Übernahme eines Roboterfabrikanten und eines führenden Herstellers von Thermostaten und Rauchmeldern durch den Internetkonzern Google zeigt, dass die Automatisierung der Haushalte und die Automatisierung der Produktion gemeinsame Ansätze haben: die Information als Schlüssel zum Erfolg.

Auswahl an Basistechnologien der Industrie 4.0

Vernetztes SystemIntelligentes ProduktAnwender
Internet / Protokolle
IPv6
Feldbus-Systeme
Industrial Ethernet
VPN
Cloud Computing
WLAN
Bluetooth,
NFC AML,
XML M2M,
Car2Car
IoT
Smart Grid
Individuell und On-Demand
R-Code,
RFID,
AutoIdent Additive Fertigung,
3D-Druck,
Sintern
Smart Tag
CPS
Kybernetik
Roboter & NC
Predictive Maintenance
Smart Objects
Datenanalyse, BI
ERP, PLM, APS
CAD, CAM, MES
SOA, SaaS,
Simulation
Adaptive Programmierung
CPPS
Augmented Reality
Wareables
Collaborative Roboter
Künstliche Intelligenz
Resiliente Fabrik
Unterhaltung und Heimanwendung
Vernetztes SystemIntelligentes ProduktAnwender
HDMI
WEB 2.0
UMTS, LTE, VDSL
WLAN, Bluetooth
DLNA
UPnP
AirPlay
Smart Phone, Tablet
TV und HiFi
Heizung, Licht
WebCam
Assistenz Roboter
(Staubsauger)
Smart Home
Netiquette
Soziale Netze
GNU, Wiki, Foren
Content, News
Streaming
Virtual Store
Crowd Founding

Neue Standards

Die bisherige Trennung in die Anwendungsbereiche:

  • PLM (Produktentwicklung bis Produktionsfreigabe)
  • ERP (Enterprise ResourcePlanning zur Steuerung der Produktion)
  • Digitale Fabrik (Fertigungsplanung und Simulation der Produktion)
  • MES (Manufacturing Execution Systems zur Überwachung von Fertigungsanlagen)
  • SCADA /SPS / CNC für Anlagensteuerung auf Signalebene

erschwert eine effiziente Nutzung der Digitalisierung im Sinne einer autonomen und flexiblen Produktion.

Hier soll die Orchestrierung von oben nach unten (vertikaler Ansatz) den Weg zu Cyber-Physischen Produktionssystemen (CPPS) ebnen. Sie beschreibt das Aufsetzen und Vernetzen von einzelnen Softwarediensten zu einem reinen Geschäftsprozess. Die Funktionen APO, OEE, AutoID, RFID, OLP oder CIM können unternehmensintern in führende EPR Systeme integriert oder mit externen Diensten abgedeckt werden. Unterstützend dazu verfolgt AutomationML (Markup Language) den Ansatz ein gemeinsames und durchgängiges Format für alle Anlagendaten von der Topologie über 3D-Geometrie und Kinematik bis hin zu Abläufen und logischen Abhängigkeiten zu schaffen. AML (IEC62714) möchte damit der produktiven Industrie ein umfassendes Datenformat für den Anlagenbau der Fertigungs- und der Prozess­industrie als offenen und XML-basierten Standard zur Verfügung stellen.

Die werkzeuglose Produktion: Lasersintern und Laserstrahl-Schmelzen

Das Paket, das per Smartphone mitteilt wo es sich gerade befindet, ist heute schon Realität. Womöglich lädt man in naher Zukunft ein Produkt wie eine APP aus dem virtuellen Store und druckt es einfach per 3D-Drucker aus. Es gibt bereits verschiedene marktreife 3D-Druckverfahren, die bereits heute zur Modellierung oder im Prototypenbau eingesetzt werden. Beim Lasersintern wird Kunststoffpulver schichtweise aufgeschmolzen und härtet aus. Überschüssiges Pulver wird ausgeblasen und kann später wiederverwendet werden. Das Erzeugen von Gussformen wird dabei mehr und mehr durch das Rapid-Prototyping abgelöst, bei dem die Werkstücke direkt aus Material erzeugt werden. Beim Laserstrahl-Schmelzen wird die Temperatur des Sinter-Verfahrens so weit erhöht, dass auch härteste Metalle wie Titan aufgeschmolzen werden können.

Neue Geschäftsmodelle:

  • Produktion OnDemand
    Bedarfsgerecht
  • Produktion OnSite
    Am Einsatzort oder Markt
  • Consumer Engineering
    Einbindung des Verbrauchers

Additive Manufacturing

Durch Stützmaterial (Filament), das später ausgewaschen oder ausgeblasen wird, kann man heute schon komplexe mechanische Baugruppen montagefrei ausdrucken. Für industrielle Beschaffungsketten (Supply Chain) können sich dadurch bahnbrechende Veränderungen ergeben. Ersatzteile und defekte Bauteile einer Maschine müssen nicht mehr zeitaufwendig um den halben Erdball versandt werden, sondern werden einfach und ohne Zeitverzögerung ausgedruckt. Konsumgüter werden erst „On-Demand“ auf Anfrage produziert, das spart Lagerkosten und senkt das Risiko auf überschüssiger Ware sitzenzubleiben. Neben Kunststoff und Karbon lassen sich heute Teile aus Metallen wie Stahl oder Titan ausdrucken, und das als voll funktionsfähige Baugruppen inklusive Gelenken und Mechanik. 

Industrie 4.0 kann additive Fertigung flexibel mit anderen Prozessen kombinieren und damit völlig neuartige Produktionsmethoden schaffen, wie ein Zusammenspiel von additiver Fertigung, Spritzgießen und Mensch-Roboter-Kooperation. Der 3D-Druck ist in der industriellen Fertigung angekommen. Der VDI hat sich in dem „Statusreport Additive Fertigungsverfahren“ intensiv mit diesen Themen befasst und neben produkt- und patentrechtlichen Belangen auch die Verantwortung für Software und Haftungsfragen erörtert.

Betriebssicherheit und Angriffssicherheit

Je weiter das Internet und seine smarten Objekte in das alltägliche Leben und in produktionsrelevante Systeme vordringen, desto wichtiger wird es, sich über die Sicherheitsstandards Gedanken zu machen. Dabei geht es um weit mehr als um Netiquette, denn entscheidend ist der Unterschied zwischen einer abgestürzten  App auf dem Smartphone und dem Versagen eines Reaktorkühlsystems.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) unterscheidet daher auch zwischen der Betriebssicherheit (Safety) und der Angriffssicherheit (Security): „Neben der Betriebssicherheit, die gewährleistet, dass Produktionssysteme und Produkte keine Gefahr für Menschen und Umwelt darstellen, gewinnt ein zweiter Sicherheitsaspekt enorm an Bedeutung: die Angriffssicherheit. Anlagen und Produkte, aber auch Daten und Know-how müssen verlässlich vor unbefugtem Zugriff und Missbrauch geschützt werden.“ Die Fälle Stuxnet, Duqu und Flame haben gezeigt, dass Schadsoftware nicht vor Steuerungssystemen halt macht. Hier unterscheiden sich die Ansätze der USA und die von Industrie 4.0. Während die Betriebssicherheit auf Maschinen- und Feldbusebene in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert haben und auf umfassendes Potenzial zugrückgreifen können, kommen führende Lösungen für IT- und Betriebssysteme aus den USA. Die Annäherungen an die Cyber-Physischen-Produktionssysteme erfolgen von unterschiedlichen Ausgangspositionen und bieten die Chance, Kenntnisse über Produktions- und Automationsprozesse als Wettbewerbsvorteil zu nutzen.

Security by Design

Der BITKOM Verband empfiehlt für die Industrie 4.0 eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit schon beim Entwurf der Systeme: „Es genügt nicht, nachträglich Security-Funktionen zu ergänzen, wenn es schon Sicherheitsvorfälle gab. Das Thema muss von Anfang an mitgedacht werden – als Security by Design. Zudem ist mit der zunehmenden Vernetzung und Zusammenarbeit verschiedener Partner ein starkes Vertrauen in den jeweils anderen erforderlich. Verlässliche Konzepte, Architekturen und Standards im Bereich der IT-Sicherheit müssen diese Vertrauensbasis schaffen. Hersteller und Betreiber benötigen die Sicherheit, dass ihr Know-how, ihr geistiges Eigentum und ihre Daten geschützt sind. Herausforderung dabei ist, bestehende Fabriken für die neuen Anforderungen auszurüsten und gleichzeitig Lösungen für neue Anlagen zu entwickeln.“

Fazit

Wir brauchen nicht auf Industrie 4.0 zu warten. Wir sind bereits mitten drin. Schon heute sind wesentliche Basistechnologien im Einsatz. Einzelne Bereiche setzen fortgeschrittene Techniken bereits erfolgreich industriell ein. Sichere Standards werden für einen flächendeckenden Einsatz die alles entscheidende Voraussetzung. Die Information bestimmt das Produkt. Sie ist und bleibt der Schlüssel zum Erfolg. In der Industrie 4.0 mehr denn je. Deutschland hat eine gute Ausgangsposition, um eine führende Rolle als Anbieter und in der Umsetzung von Industrie 4.0 Lösungen zu übernehmen. Bund und Länder haben zudem entsprechende Förderprogramme aufgelegt. Die Industrieverbände BITKOM, VDI und  VDMA haben dazu praktische Handlungsempfehlungen zur Implementierung zusammengestellt. Sie stehen der Allgemeinheit zum Download zur Verfügung. Mit der finanziellen und institutionellen Unterstützung der Unternehmen ist Deutschland gut aufgestellt, aber nicht alleine. Die USA und Asien haben hier milliardenschwere Investitionspakete verabschiedet. Der Wettbewerb um die Märkte der Industrie 4.0 hat bereits begonnen.

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Autor: Leo Bartevyan, IT Systems Engineer, Digital Factory Solutions, CENIT AG, L.Bartevyan@cenit.de

CENIT ist als führender Beratungs- und Softwarespezialist für die Optimierung von Geschäftsprozessen in den Feldern Digital Factory, Product Lifecycle Management (PLM), SAP PLM, Enterprise Information Management (EIM), Business Optimization & Analytics (BOA) und Application Management Services (AMS) seit über 25 Jahren erfolgreich aktiv. Standardlösungen von strategischen Partnern wie DASSAULT SYSTEMES, SAP und IBM ergänzt CENIT um etablierte, eigene Softwareentwicklungen. Hierzu gehören u.a. die FASTSUITE Produktfamilie für Softwarelösungen im Bereich Digitale Fabrik, cenitCONNECT für Prozesse rund um SAP PLM, cenitSPIN als leistungsfähiger PLM Desktop sowie CENIT ECLISO für eine effiziente Informationsverwaltung. Das Unternehmen beschäftigt rund 700 Mitarbeiter/innen weltweit. Diese arbeiten unter anderem für Kunden aus den Branchen Automobil, Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Werkzeug- und Formenbau, Finanzdienstleistungen, Handel und Konsumgüter.

Zusätzliche Quellenangaben und Dokumente zum Download finden Sie: